„Rechte Zeitenwende?“ – Sommerworkshop 29. bis 30.06.2022

Der Zeithistorische Arbeitskreis Extreme Rechte und das Fritz Bauer Institut laden zum gemeinsamen Workshop:

Rechte Zeitenwende? Die Transformationsphase extrem rechter Politik in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren

Organisation: Anke Hoffstadt (Hochschule Düsseldorf), Niklas Krawinkel (Fritz Bauer
Institut / Goethe-Universität, Frankfurt am Main)
Veranstaltungsort: Goethe-Universität Frankfurt am Main
29. bis 30.06.2022

Abstracts zu Inputs sind herzlich willkommen bis 31. März 2022 unter: kontakt@zeitgeschichte-extreme-rechte.de.
Bei allgemeinen Fragen zur Veranstaltung: krawinkel@em.uni-frankfurt.de

Der Workshop legt den Schwerpunkt auf eine historische Phase in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, in der sich die extreme Rechte und ihr Verhältnis zu Politik und Gesellschaft der Bundesrepublik nachhaltig veränderten. Diese Veränderungen auf nahezu allen politischen Feldern waren sowohl Folge von Entwicklungen innerhalb des extrem rechten Lagers als auch gesamtgesellschaftlicher Wandlungsprozesse. Zu den gesellschaftlichen Entwicklungen zählen eine fortschreitende Liberalisierung – unter anderem im Umgang mit Sexualität –, das Aufkommen linker Protestkultur, eine stärkere Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit, der Machtwechsel im Bund zur sozialliberalen Koalition und weitere politische Geschehnisse, die von der politischen Rechten zumeist entschieden abgelehnt wurden. Nicht zuletzt (re-)agierte die extreme Rechte im spannungsreichen Feld zwischen Neuer Ostpolitik und Blockkonfrontation, positionierte sich, brachte ihre (Partei-)Strukturen in Stellung und formierte sich als Akteur von Gewalt und Terror.

In der Gesamtschau sind die Veränderungen in der extremen Rechten, wenn auch nicht ausschließlich, gleichwohl als Antworten oder Bezugnahmen auf die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu betrachten. Deutlich stärker als in den ersten zwanzig Jahren der Bundesrepublik warnte die extreme Rechte nun vor „Sittenverfall“ und „moralischer“ Dekadenz – Schreckensszenarien, die Anknüpfungspunkte bis weit in das konservative Lager boten. Das nationalistische Spektrum sammelte sich um die NPD, im Widerstand gegen die Neue Ostpolitik und desintegrierte sich kurz darauf in verschiedene Strömungen, die ihrerseits neue Antworten auf die veränderte Lage zu geben versuchten. Bereits seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre bemühte man sich in rechten Diskussionszirkeln um eine Modernisierung des alten Nationalismus-Begriffs. Ab den frühen 1970er Jahren kam es zu einem deutlich offensiveren, positiven Bezug auf den Nationalsozialismus, und eine gewaltgeprägte Jugendkultur begann sich zu entwickeln. Insgesamt setzte eine Phase der Radikalisierung sowohl mit Blick auf Inhalte als auch auf Aktionsformen auf der extremen Rechten ein. Zu fragen ist, wie die verschiedenen Ansätze und Strömungen in der Umbruchphase um 1970 miteinander zusammenhingen, wie sich das Verhältnis des extrem rechten Lagers zu Staat und Gesellschaft insgesamt gestaltete und veränderte, welche Entwicklungen für die nächsten Jahre entscheidend wurden und welche Auswirkungen sie bis in die Gegenwart haben.

Mögliche Fragestellungen des Workshops:

  • Rassistische Zustände mit Dauerwirkung? Wie entdeckte, nutzte, erweiterte die extreme Rechte um 1970 Rassismus und Antisemitismus als Themen ihrer (macht-)politischen Agenda und ihrer Praxis? Mit welchen Konsequenzen für die folgenden Entwicklungen?
  • Rechtes Politikum „(Volks-)Körper“?: Liebe, Sexualitäten und „Sittenverfall“ als Thema der extremen Rechten zwischen Bevölkerungspolitik und Misogynie
  • Konjunkturen und Akteure des „modernen“ Nationalismus und der „Neuen Rechten“: Die Role Models von Gestern im neuen Nationalismus der späten 1960er Jahre – von Ernst Jünger, Armin Mohler und den neuen Nationalisten der Bonner Republik
  • Als Partei gescheitert, im Wehrsport stark? Parteiorganisation, NS-Gruppen, Aktionismus und Gewalt in den frühen 1970er Jahren
  • „Schuldkult“ und „Umerziehung“?: Holocaustleugnung, der Bezug zur NS-Vergangenheit und rechte Geschichtspolitik
  • Feindbild „Drüben“ und Feinde im Innern? Antikommunismus, Blockkonfrontation und Neue Ostpolitik als Thema und Aktionsraum der extremen Rechten

Die Workshop-Sprache ist Deutsch; Vorträge können auch in englischer Sprache gehalten werden. Die Vorträge sollten auf eine Länge von 20 Minuten konzipiert werden, damit genügend Zeit für eine intensive Diskussion bleibt.
Wir laden ein, Abstracts (2.500 Zeichen) mit einer Kurzbiographie bis zum 31. März 2022 an die Verantwortlichen für die Organisation zu senden;
E-Mail: kontakt@zeitgeschichte-extreme-rechte.de
Kontakt bei allgemeinen Fragen zur Veranstaltung: krawinkel@em.uni-frankfurt.de

Die Übernahme von Reise- und Übernachtungskosten für die Referentinnen und Referenten wird angestrebt, muss aber noch ohne verbindliche Zusage bleiben. Zum jetzigen Zeitpunktplanen wir einen Workshop in Präsenz in Frankfurt am Main. Sollten die Maßnahmen bzgl. der Covid19-Pandemie dies nicht ermöglichen, findet der Workshop im Online-Format statt.